Microsoft Teams: Digitale Überwachung hält Einzug in den Arbeitsalltag

Microsoft führt in Kürze eine neue Funktion in Teams ein, die automatisch erkennt, ob Beschäftigte tatsächlich im Büro anwesend sind. Was als praktische Hilfe für den hybriden Arbeitsalltag beworben wird, sorgt bei Datenschützern und Arbeitnehmervertretern für Unbehagen – sie warnen vor einer weiteren Stufe digitaler Überwachung.

Bislang genügte ein Klick auf „Im Büro“ oder „Im Homeoffice“, um den eigenen Arbeitsort anzugeben. Ab Dezember soll das überflüssig werden: Teams erkennt künftig anhand des WLANs, mit dem sich der Laptop verbindet, wo sich die Nutzerin oder der Nutzer befindet. Laut Microsoft soll das die Zusammenarbeit erleichtern und die Organisation hybrider Teams vereinfachen. Kritiker sehen darin jedoch ein Werkzeug, das unbemerkt die Grenze zwischen Effizienz und Kontrolle verschiebt.
Die alte Frage bekommt damit neue Aktualität: Wie viel Überwachung ist heute normal – und wo verläuft die Grenze des Zumutbaren?

Wenn Vertrauen zur Ausnahme wird

Während der Pandemie war Vertrauen die Grundlage des Homeoffice. Doch parallel dazu etablierte sich eine Gegenbewegung: Immer mehr Unternehmen setzten Software ein, die Arbeitstätigkeiten minutiös erfasst. Programme wie Hubstaff, Time Doctor oder Teramind registrieren Mausbewegungen, Tastatureingaben und Inaktivitätszeiten – manche erstellen sogar regelmäßig Screenshots der Bildschirme, angeblich zur „Qualitätssicherung“.

Andere Systeme analysieren E-Mails nach Schlagwörtern wie „Bewerbung“ oder „kündigen“, um mögliche Wechselabsichten zu erkennen. Außendienstmitarbeiter werden per GPS geortet, Paketfahrer in Echtzeit verfolgt. Nun erweitert auch Microsoft Teams dieses Arsenal – über die Standorterkennung via WLAN. Das Technikportal Tom’s Guide spricht bereits von einer digitalen „Petze“.

Kontrolle wird zum Standard

Unmerklich entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem Leistung und Anwesenheit immer stärker durch Daten überprüft werden. Laut dem „State of Hybrid Work Report“ des US-Unternehmens Owl Labs aus dem Jahr 2024 berichten 29 Prozent der deutschen Beschäftigten, dass ihr Arbeitgeber Überwachungssoftware eingeführt oder ausgeweitet habe.
Eine weitere Studie von Insider Risk Research bestätigt den Trend: Viele Unternehmen wollen so Effizienz und Sicherheit steigern – doch mehr als die Hälfte der Befragten würde über einen Jobwechsel nachdenken, falls die Kontrolle weiter zunimmt.

Rechtlich bewegen sich Firmen dabei in einer Grauzone. Nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist Standorterfassung nur erlaubt, wenn sie einem klar definierten Zweck dient und die Zustimmung der Mitarbeitenden freiwillig erfolgt. In Betrieben mit Betriebsrat ist zudem eine entsprechende Vereinbarung notwendig. In der Praxis werden solche Formalitäten jedoch oft routinemäßig abgehakt. Arbeitgeber betonen zwar den Nutzen für die Organisation – doch der Übergang zur Überwachung ist fließend.
Was geschieht, wenn Teams künftig automatisch anzeigt, dass jemand nicht im Büro ist? Bleibt diese Information wirklich ohne Folgen? Arbeitsrechtler sehen das kritisch.

Zwischen Kontrolle und Graubereich

Der Kölner Jurist Jens Usebach von der Kanzlei Jura.cc ordnet die neue Teams-Funktion als begrenzte Form der Kontrolle ein: Sie erfasse primär die Anwesenheit und ermögliche keine vollständige Überwachung sämtlicher Aktivitäten. Dennoch erweitere das automatische Standort-Tracking, so Usebach, „die Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers deutlich“.

Entscheidend sei, wie konsequent das System eingesetzt werde. „Wenn die Protokollierung dauerhaft und ohne konkreten Anlass erfolgt, bewegt sich der Arbeitgeber in einem rechtlichen Graubereich.“ Beschäftigte sollten sich daher genau erklären lassen, welche Daten erfasst werden, wie lange sie gespeichert bleiben und wer Zugriff darauf hat. Transparenz sei der beste Schutz vor Missbrauch.

Gesetzliche Regeln fehlen noch

Usebach fordert eine klarere gesetzliche Grundlage. Zwar bietet das geltende Datenschutzrecht bereits einen Rahmen, doch viele neue Technologien fallen bisher nur unter allgemeine Bestimmungen. Ein Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz, das strengere Grenzen für Überwachungsmaßnahmen – etwa bei der Ortung von Mitarbeitenden – ziehen soll, wurde 2024 vorgestellt. In Kraft getreten ist er bislang jedoch nicht.

Kontrolle mit Nebenwirkungen

Digitale Überwachung hat nicht nur juristische, sondern auch psychologische Folgen. Studien zeigen, dass ständige Kontrolle Misstrauen, Stress und sinkende Arbeitszufriedenheit begünstigt – und damit genau das Gegenteil dessen bewirken kann, was Arbeitgeber sich erhoffen: weniger Motivation statt höherer Effizienz.

Der Trend zur Datenkontrolle mag mit guten Absichten beginnen – doch er verändert leise, aber spürbar, die Kultur der Arbeit.

Tobi

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